Info-Brief 1 / 2020

Neues im Betreuungsrecht

 

 

1. Regelbedarfe für das Jahr 2020

Anhebung des Regelsatzes um ca. 2 Prozent

 

Hartz IV Regelbedarf Übersicht nach Regelbedarfsstufen

Bedarf

2020

2019

2018

Regelbedarf für Alleinstehende/ Alleinerziehende
(Regelbedarfsstufe 1)

432 €

424 €

416 €

Volljährige Partner innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft
(Regelbedarfsstufe 2)

389 €

382 €

374 €

Erwachsene Behinderte in stationären Einrichtungen
(Regelbedarfsstufe 3)

339 €

339 €

332 €

RL unter 25-Jährige im Haushalt der Eltern / Strafregelleistung
für ohne Zustimmung ausgezogene U 25’er
(Regelbedarfsstufe 3)

345 €

339 €

332 €

Kinder 14 bis unter 18 Jahre
(Regelbedarfsstufe 4)

328 €

322 €

316 €

RL für Kinder von 6 bis unter 14 Jahre
(Regelbedarfsstufe 5)

308 €

302 €

296 €

Kinder 0 bis 5 Jahre
(Regelbedarfsstufe 6)

250 €

245 €

240 €

Kinder 0 bis 5 Jahre
(Regelbedarfsstufe 6)

245 €

    240 €

 

 

 

2. Zum Bundesteilhabegesetz: Übergangsregelung in § 140 SGB XII zur einmaligen Verhinderung einer Zahlungslücke

 

Zur einmaligen Verhinderung einer Zahlungslücke für Menschen mit Behinderung, die in einer „sonstigen Wohnform“ (ehemals stationäre Einrichtung) untergebracht sind, wurde vom Gesetzgeber in § 140 SGB Abs. 1 XII geregelt, dass einmalig im Januar 2020 eine zufließende Rentenzahlung oder andere am Monatsende zufließenden regelmäßigen Einkünfte nicht an die Hilfe zum Lebensunterhalt oder die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII angerechnet werden dürfen.

 

Es ist davon auszugehen, dass das nicht jeder SGB XII Leistungsträger im Blick hat und umsetzt.

3. Doppelmieten im SGB II – BSG stellt den Anspruch als KdU klar

 

Bisher hat das Bundessozialgericht (BSG) immer den Anspruch vertreten, Doppelmieten könnten nicht übernommen werden, weil Unterkunftskosten (KdU) immer nur die der derzeit gegenwärtig bewohnten Wohnungen sein könnten. Daher war strittig, ob Doppelmieten Wohnungsbeschaffungskosten (nach § 22 Abs. 6 SGB II) sind oder „tatsächliche Unterkunftskosten“ nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II.  So hatte das LSG Niedersachsen-Bremen mit Urteil vom 26.06.2019, L 13 AS 189/18 Kosten für doppelte Mietzahlungen anlässlich eines Umzugs als Wohnungsbeschaffungskosten i. S. des § 22 Abs. 6 SGB II qualifiziert und das LSG Nordrhein-Westfalen, 13.09.2018 - L 6 AS 2540/16 als tatsächlich anfallende Unterkunftskosten. 

 

Dazu eine Entscheidungsanalyse zum Urteil des LSG NRW: https://tinyurl.com/y3oxw7jx

 

Das BSG hat nun den Anspruch auf Doppelmieten als tatsächliche KdU bestätigt und damit endlich den Weg frei gemacht zur Übernahme von Doppelmieten, wenn z.B. die alte Wohnung nicht gekündigt werden kann und sollte, weil z.B. noch keine Anschlusswohnung vorhanden ist, die neue Wohnung noch renoviert werden muss oder eine Frau aus einer alleine bewohnten Wohnung ins Frauenhaus flüchtet und nun diese Wohnung und das Frauenhaus als KdU übernommen werden muss.

Das BSG Urteil v. 30.10.2019 - B 14 AS 2/19 R in dem Doppelmieten als KdU anerkannt werden, die Aufwendungen unvermeidbar und konkret angemessen sind.

 

Terminsbericht hier: https://www.bsg.bund.de/SharedDocs/Verhandlungen/DE/2019/2019_10_30_B_14_AS_02_19_R.html

 

4. Heim oder Betreuer: Wer ist für die Verwaltung der Barbeträge verantwortlich? Hinweis auf die Rechtslage ab 01.01.2020

Systemwechsel zum 1.1.2020 – Trennung von Fachleistung und existenzsichernder Leistung führt zu neuen Aufgaben des rechtlichen Betreuers

Am 01.01.2020 tritt die 3. Stufe des Bundesteilhabegesetzes in Kraft. Mit diesem Reformschritt wird die Eingliederungshilfe vom SGB XII (Sozialhilfe) in den Teil 2 des SGB IX überführt. Dieser Teil 2 ist betitelt mit „Besondere Leistungen zur selbstbestimmten Lebensführung für Menschen mit Behinderungen (Eingliederungshilferecht)“.

Mit dieser Überführung in das SGB IX wird mit dem Teil 2 ein neues eigenes Leistungsrecht für die Eingliederungshilfe geschaffen, in dem klar zwischen Fachleistungen und existenzsichernden Leistungen getrennt wird. Eingliederungshilfeleistungen sind dann nur noch Fachleistungen; nur diese können dann von den Leistungserbringern mit den Eingliederungshilfeträger abgerechnet werden.

Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts richten sich dann nach den allgemeinen Vorschriften des SGB XII – also je nach Vorliegen der Voraussetzungen Hilfe zum Lebensunterhalt (3. Kapitel SGB XII) oder Grundsicherung im Alter und dauerhafter Erwerbsminderung (4. Kapitel SGB XII) oder Grundsicherungsleistungen nach SGB II („Hartz IV), falls Erwerbsfähigkeit noch gegeben ist.

Was wird 2020 mit dem Barbetrag?

Diese Aufsplittung in Fach- und existenzsichernde Leistungen hat auf die „Barbetragsproblematik“ folgende Auswirkungen:

Für viele Bewohner in stationären Einrichtungen der Eingliederungshilfe ist er eine wichtige Größe: der Barbetrag. Darüber können sie in der Regel frei verfügen und persönliche Dinge kaufen, von Musik-CDs über Süßigkeiten bis zu Kosmetikartikel. Der zurzeit gültige Barbetrag beträgt 112,30 EUR, das sind gemäß § 27b SGB XII 27 Prozent der Regelbedarfsstufe 1. Er stellt einen teilweisen Ausgleich dafür dar, dass hilfebedürftige Menschen in stationären Einrichtungen keinen Regelsatz erhalten und ohne Barbetrag ohne verfügbare finanzielle Mittel dastehen würden.

Mit der Trennung von Fachleistung der Eingliederungshilfe und Lebensunterhalt wird es ab dem Jahr 2020 in der neuen Wohnform als Nachfolgeregelung zur heutigen stationären Einrichtung keinen Barbetrag mehr geben. Allerdings fällt der Barbetrag nicht ersatzlos weg, sondern er wird durch den an die Leistungsberechtigten in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu zahlenden Regelsatz ersetzt. Dies ist die Konsequenz der Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen untereinander und unabhängig von der Wohnform. Leben sie in Wohnungen, erhalten sie bereits heute einen monatlichen Regelsatz und keinen Barbetrag. Dies wird ab 2020 auch für Menschen mit Behinderungen in der neuen Wohnform gelten, welche die heutige stationäre Einrichtung ablöst.

Aufgrund der Trennung der bislang in stationären Einrichtungen der Eingliederungshilfe erbrachten Komplexleistung entfallen die derzeit bestehenden Unterschiede in der Deckung der Lebensunterhaltsbedarfe nach dem Vierten Kapitel des SGB XII (Grundsicherung) bei Leistungsberechtigten, die in stationären Einrichtungen der Eingliederungshilfe untergebracht sind, gegenüber Leistungsberechtigten, die in Wohnungen leben.

Für den notwendigen Lebensunterhalt nach § 27a Absatz 1 Satz 1 SGB XII von Erwachsenen bedeutet dies, dass alle für die Gewährleistung des soziokulturellen Existenzminimums erforderlichen Aufwendungen durch die Bedarfe nach dem Vierten Kapitel des SGB XII zu decken sind. Dies sind insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat und Wohnungsausstattung einschließlich Fernseher und Computer, sowie Haushaltsenergie ohne die auf Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile und persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens, wozu auch in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft zählt. Darin eingeschlossen sind alle durch die Regelbedarfe abgedeckten Bedarfslagen, die hierfür erforderlichen Aufwendungen sind aus dem monatlichen Regelsatz zu finanzieren.

Ab dem Jahr 2020 gilt dies auch für Menschen mit Behinderungen, die heute in einer stationären Einrichtung leben. Diesem Personenkreis sind neben dem Regelsatz nach der ab 1.1.2020 für diesen Personenkreis geltenden Regelbedarfsstufe 2 alle weiteren Lebensunterhaltsbedarfe nach dem Vierten Kapitel des SGB XII anzuerkennen, für die im Einzelfall die Voraussetzungen erfüllt werden. Dies schließt Bedarfe für Unterkunft und Heizung mit ein.

Damit die Leistungsberechtigten wieder in den Genuss eines Barbetrags zur persönlichen Verfügung kommen können, wird in der Gesamtplankonferenz auch darüber beraten, welchen Anteil vom Regelsatz der Leistungsanbieter für seine Leistungen erhält und welcher Anteil den Leistungsberechtigten danach als Bargeldleistung für die Deckung der vom Leistungsanbieter nicht abgedeckten persönlichen Bedarfen verbleibt. Dies ist ausdrücklich im § 121 Abs. 4 Ziffer 6 SGB IX in der Fassung ab 1.1.2020 so festgelegt. Das Beratungsergebnis wird im Gesamtplan, der dann Grundlage für den Verwaltungsakt ist, dokumentiert und dadurch rechtlich verbindlich. Gleichzeitig wird mit der Beratung in der Gesamtplankonferenz auch Transparenz und Kontrolle darüber hergestellt, für welche Leistung der Leistungsanbieter Beträge in welcher Höhe in Rechnung stellt, die dann aus dem monatlichen Regelsatz zu finanzieren sind.

Auswirkungen auf die rechtliche Betreuung

Für die rechtliche Betreuung bedeutet dies, dass bereits vor dem Jahreswechsel vom rechtlichen Betreuer dafür gesorgt werden muss, dass

  • ein Antrag auf Grundsicherungsleistungen gestellt wird
  • ggfs. ein Konto eingerichtet wird, auf das die existenzsichernden Leistungen eingezahlt werden
  • mit dem Leistungserbringer entsprechende Verträge/Vertragsänderungen hinsichtlich der Wohnleistungen erstellt werden bzw. dass bei Zugang von Schreiben des Leistungserbringers diese geprüft und unterzeichnet werden
  • bei Teilhabeplan- bzw. Gesamtplankonferenz die Rechte des Betreuten gewahrt werden bzw. seinen Wünschen entsprochen wird
  • … und vieles mehr, was evtl. jetzt noch gar nicht absehbar ist, weil in den einzelnen Bundesländern die Rahmenverträge usw. noch nicht ausgehandelt sind.

 

 

 

 

Info-Brief 2 / 2020

Neues im Betreuungsrecht

 

 

1. Regelbedarfe für das Jahr 2021

Die Bundesregierung meldet: “Regelsätze steigen zum 1. Januar 2021. Wer auf staatliche Leistungen wie Arbeitslosengeld II, Sozialhilfe oder Grundsicherung angewiesen ist, bekommt ab Januar 2021 mehr Geld. Alleinstehende erhalten dann 439 Euro im Monat – sieben Euro mehr als bisher. Das hat das Bundeskabinett beschlossen.

Regelbedarfsstufe 1 / Alleinstehende von 432 € auf 439 € / + 7 €

Regelbedarfsstufe 2 / Partner innerhalb BG von 389 € auf 395 € / + 6 €

Regelbedarfsstufe 3 / U 25 im Haushalt der Eltern von 345 € auf 361 € / + 6 €

Regelbedarfsstufe 4 / Jugendliche von 15 bis 17 J. von 328 € auf 367 € / + 39 €

Regelbedarfsstufe 5 / Kinder von 6-14 Jahren 308 € / keine Änderung

Regelbedarfsstufe 6 / Kinder von 0 bis unter 6 Jahren von 250 € auf 279 € / + 29 €

 

 

2. Kinderbonus

Zum September wird die erste Zahlung des Kinderbonus ausgezahlt. Im September 2020 in Höhe von 200 Euro und im Oktober 2020 in Höhe von 100 Euro. Unterhaltspflichtige dürfen dabei diese Zahlung zur Hälfte von ihrem Unterhalt abziehen. Der Kinderbonus bleibt in den Sozialsicherungssystemen anrechnungsfrei. 

Durch Reduktion der Unterhaltsverpflichtung um den hälftigen Kinderbonus für die Unterhaltsschuldner wird es im Sept + Okt. zu geringeren Unterhaltsleistungen kommen. Diese reduzierten Unterhaltsleistungen müssen von den Jobcentern/Sozialämtern von Amtswegen aufgestockt werden (§ 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB X). Im Zweifel ist von den Betroffenen ein Kontoauszug oder sonstiger Nachweis über die korrigierten Unterhaltszahlungen einzureichen und das ist unverzüglich von den Ämtern zu korrigieren. 

 

3. Sozialamt muss Dolmetscher*innenkosten bei Psychotherapie übernehmen 

Das Sozialgericht Münster hat in einem Hauptsacheverfahren (Urteil vom 8. Juni 2020, Az.: S 20 AY 3/17, nicht rechtskräftig) das Sozialamt zur Übernahme von Dolmetscher*innenkosten im Rahmen einer Psychotherapie verurteilt. Die Klägerin erhält Analogleistungen nach § 2 AsylbLG. Rechtsgrundlage für die Kostenübernahme ist § 27a Abs. 2 Nr. 2 SGB XII: Danach muss individuell ein höherer monatlicher Regelbedarf gezahlt werden, wenn ein prinzipiell vom Regelsatz erfasster Bedarf für einen Zeitraum von mehr als einem Monat regelmäßig „unausweichlich in mehr als geringem Umfang oberhalb durchschnittlicher Bedarfe liegt“.

 

4. Verkürzung von Insolvenzverfahren auf drei Jahre schon ab 1.Oktober 2020

Alle, die in das Insolvenzverfahren wollen bzw. müssen, oder sich in der Schuldnerberatung befinden, sollten diese Neureglung im Blick haben.  Für alle ab dem 01.10.2020 eingereichten Insolvenzverfahren (auch für VerbraucherInnen) wird die Dauer des Restschuldbefreiungsverfahrens auf drei Jahre reduziert werden.

 

5. Zu den Anhörungspflichten des Gerichts in Unterbringungsverfahren bei gebotenem Infektionsschutz wegen Corona

 

  1. Die in § 319 Abs. 1 FamFG vorgesehene Pflicht, den Kranken grundsätzlich vor Erlass einer einstweiligen Anordnung mündlich anzuhören und sich hierdurch einen persönlichen Eindruck zu verschaffen, gehört zu den bedeutsamen Verfahrensgarantien, deren Beachtung Art. 104 GG fordert und mit grundrechtlichem Schutz versieht.

 

  1. Die Anhörung hat dabei zwei, die Verfahrensrechte der Betroffenen sichernde Komponenten. Die Anhörung erschöpft sich, wie sich durch das Erfordernis persönlicher Anhörung erweist, nicht in der bloßen Gewährung rechtlichen Gehörs (Artikel 103 Abs. 1 GG). Vorrangiger Zweck der Anhörung im Unterbringungsverfahren ist es vielmehr, dem Richter einen persönlichen Eindruck von dem Betroffenen und der Art seiner Erkrankung zu verschaffen, damit er in den Stand gesetzt wird, ein klares und umfassendes Bild von der Persönlichkeit des Unterzubringenden zu gewinnen und seiner Pflicht zu genügen, den ärztlichen Gutachten eine echte richterliche Kontrolle entgegenzusetzen. Der persönliche Eindruck des entscheidenden Richters gehört deshalb als Kernstück des Amtsermittlungs-verfahrens (§ 26 FamFG) zu den wichtigsten Verfahrensgrundsätzen des Unterbringungsrechts.

 

  1. Nur durch die persönliche Anhörung und den persönlichen Eindruck ist gewährleistet, dass der Richter als unabhängige neutrale Instanz die Rechte der kranken Betroffenen am besten und sichersten wahren kann und mit seiner Unterschrift zugleich die persönliche Verantwortung für die Freiheitsentziehung übernimmt.

 

  1. Diese verfassungsrechtlichen Garantien haben bei der Freiheitsentziehung psychisch kranker Betroffener besonderes Gewicht. Denn die Betroffenen überblicken häufig krankheitsbedingt ihre Situation nicht und stehen der staatlich veranlassten Freiheitsentziehung deswegen in größerem Maße hilfsbedürftig, weil strukturell unterlegen gegenüber. Dieser Umstand berührt in besonderer Weise den Menschenwürdekern der betroffenen Grundrechte und fordert von dem Richter eine gegenüber anderen Fällen der Freiheitsentziehung nochmals gesteigerte Verantwortung für die Gewähr eines rechtsstaatlichen Verfahrens, auf dem seine Entscheidung beruht.

 

  1. Zwar hat der Gesetzgeber ausdrücklich Ausnahmen vom Erfordernis der persönlichen Anhörung in den §§ 34 Abs. 2, 278 Abs. 4, 319 Abs. 3, 420 Abs. 2 FamFG vorgesehen. Die Ausnahmevorschriften sind jedoch ihrerseits wiederum im Lichte der Bedeutung von Artikel 104 GG und vor dem Hintergrund des schwerwiegenden Eingriffs in die Freiheitsrechte der kranken Betroffenen zu sehen und daher eng auszulegen.

 

  1. Die „analoge“ Anwendung der §§ 319 Abs. 3, 34 Abs. 2 FamFG und des Rechtsgedankens des § 291 ZPO ermöglicht vor dem Hintergrund des schweren Eingriffs in die Grundrechte der untergebrachten Kranken weder ein generelles Absehen vom Erfordernis einer persönlichen Anhörung eines Untergebrachten, noch entfällt die zentrale Pflicht des Amtsgerichts, sich einen persönlichen Eindruck vom untergebrachten Betroffenen zu verschaffen.

 

LG Freiburg, Beschluss vom 19. Mai 2020 – 4 T 98/20

 

 

6.   Zu den Abwägungen bei einem Corona-bedingten Absehen von der Anhörung

 

Im Lichte der Grundrechte und der gesetzlichen Regelungen ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Freiheit des Betroffenen ein sehr hohes Gut ist und die Verfahrensanforderungen bei Freiheitsbeschränkungen so hoch sind, so dass Anhörungen bestmöglich und grundsätzlich auch unter Erschwernissen durchzuführen sind. Einem vollständigen Verzicht auf eine Anhörung sind daher stets etwaige mildere Mittel vorzuziehen.

LG Darmstadt, Beschluss vom 22. April 2020 – 5 T 229/20

 

 

 

7.   Zum Betretungsverbot ambulant betreuter Wohngemeinschaften (hier: grundsätzlich keine notwendige Schutzmaßnahme im Sinne des § 28 Abs. 1 IfSG)

 

Eine notwendige Schutzmaßnahme im Sinne des § 28 Abs. 1 IfSG liegt grundsätzlich nicht darin, dass einem Betreuer durch eine infektionsschutzrechtliche Anordnung der Zutritt zu einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft nach § 2 Abs. 3 NuWG, zu Formen des betreuten Wohnens nach § 2 Abs. 4 NuWG sowie zu ambulant betreuten Wohngemeinschaften zum Zweck der Intensivpflege, die nicht in den Gestaltungsbereich des NuWG fallen, untersagt und er dadurch an der Wahrnehmung der ihm gerichtlich übertragenen Betreuungsaufgaben gehindert wird.

OVG Lüneburg, Beschluss vom 17. April 2020 – 13 ME 85/20

 

 

 

Nachtrag zum Info-Brief 2 / 2020

 

 

 

1. Regelbedarfe für das Jahr 2021

Die Bundesregierung meldet: “Regelsätze steigen zum 1. Januar 2021. Wer auf staatliche Leistungen wie Arbeitslosengeld II, Sozialhilfe oder Grundsicherung angewiesen ist, bekommt ab Januar 2021 mehr Geld. Alleinstehende erhalten dann 446 Euro im Monat – vierzehn Euro mehr als bisher. Das hat das Bundeskabinett beschlossen.

 

Regelbedarfsstufe (RBS)

2020 1)

ab 1. Januar 2021

Veränderung in Euro

RBS 1: Volljährige, die nicht in einer Partnerschaft lebend

432

446

+14

RBS 2: Volljährige Partner

389

401

+12

RBS 3: SGB XII: Volljährige in Einrichtungen

SGB II: 18 bis 24-Jährige im Elternhaus


345


357


+12

Kinder im Alter von

RBS 4: 14 bis 17 Jahre

328

373

+45

RBS 5: 6 bis 13 Jahre

308

309

+1

RBS 6: 0 bis 5 Jahre

250

283

+33

 

 

Dies ist mehr als der Stand vom Info-Brief 2 / 2020.